SAFEBin - Methoden zur sicheren Ausgestaltung der Automatisierung und Fernüberwachung in der Binnenschiffahrt

Veranlassung und Motivation

Die Automatisierung möglichst vieler bislang durch die Besatzung durchgeführter Prozesse wird als ein zukunftsorientierter Ansatz zur Bewältigung des Fachkräftemangels und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschifffahrt wahrgenommen. Dabei ergeben sich analog zu anderen Verkehrsträgern Fragen nach den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Gewährleistung der Sicherheit.

 

Herausforderungen

Es ist zu erwarten, dass die Einführung des autonomen Fahrens schrittweise und über einen längeren Zeitraum erfolgen wird. Zunächst wird zumindest zeitweise und kontextspezifisch die menschliche Schiffsführung auch im Normalbetrieb weiterhin erforderlich sein, und darüber hinaus in einem hohen Maß als Rückfallebene.

Außerdem ist auch langfristig von einem gemischten Verkehr auszugehen, in dem konventionell geführte Schiffe mit Systemen unterschiedlich hoher Autonomiestufen interagieren werden. Aus diesen vielfältigen Konstellationen, der daraus resultierenden hohen Komplexität zu adressierender Fragestellungen sowie der noch nicht abgeschlossenen technischen Entwicklung ergibt sich die Anforderung, die künftige Entwicklung durch möglichst breit anwendbare und generische Richtlinien zu flankieren. Deren übergeordnetes Ziel soll es sein, die Einführung neuer, derzeit noch nicht abschließend entwickelter Technologien unter Gewährleistung des aktuellen Sicherheitsniveaus zu ermöglichen. Hierfür sind geeignete Methoden, Prozeduren und Regelwerke zu identifizieren.

Projektziele

Vor dem Hintergrund der skizzierten Herausforderungen ist das Hauptziel des Projektes SAFEBin die Erarbeitung von Vorschlägen zur Anpassung der Regelwerke für den sicheren Betrieb ferngesteuerter bzw. automatisierter Binnenschiffe. Die Risiken, die mit einem zunehmenden Automatisierungsgrad in der Binnenschifffahrt einhergehen, werden erfasst und bewertet. Dabei werden Ansätze und Methoden zur Risikoabschätzung, -bewertung und -bewältigung entwickelt sowie Vorschläge zur Anpassung und Weiterentwicklung von Vorschriften und Regularien erarbeitet.

Dies erfolgt bewusst im Vorgriff auf künftig zu erwartende technische Entwicklungen auf dem Gebiet der automatisierten Binnenschifffahrt. Somit soll nicht nur ein Rahmen für die Etablierung von technischen Regeln für den sicheren Betrieb geschaffen werden; darüber hinaus sollen durch diesen Rahmen auch Anreize und Planungssicherheit für die kommerzielle Entwicklung technischer Systeme entstehen. SAFEBin bildet damit einen entscheidenden Baustein im Gesamtkontext des automatisierten Fahrens, ohne den eine Umsetzung in die Praxis nicht möglich ist.

Die Erreichung dieser Ziele erfordert eine detaillierte und differenzierte Bearbeitung vielfältiger Fragestellungen sowie die Zusammenarbeit mit qualifizierten Partnern, wie z. B. GDWS, ZKR, CESNI

Methodik

Zunächst werden die Grundlagen für die Risikobewertung von Systemen für die automatisierte Schiffsführung auf Binnenschiffen entwickelt. Die Basis dafür ist eine detaillierte Bestandsaufnahme und Analyse des aktuellen Sicherheitsniveaus als Referenzrahmen. Im Weiteren werden einschlägige Methoden für die Risikobewertung und den Nachweis funktionaler Sicherheit für die (teil-)automatisierte Schiffsführung in der Binnenschifffahrt genutzt sowie bewährte Methoden adaptiert und beispielhaft angewendet. Gleichzeitig werden die Grundlagen für eine vorausschauende automatisierte Bewertung des situativen Risikos geschaffen. Abschließend werden Vorschläge zur Anpassung und Weiterentwicklung von Vorschriften und Regularien in der automatisierten Binnenschifffahrt entwickelt.

 

Zwischenergebnisse

Für die Entwicklung des automatisierten Fahrens müssen zunächst die Aufgaben des Personals an Bord erfasst werden, um diese anschließend durch sichere und zuverlässigere Systeme übernehmen zu können. Dazu wurden die Bordaufgaben untersucht, kategorisiert und in Verbindung zu bestehenden Regelwerken gesetzt.

Im Weitern wurden die deutsche und europäische Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (BinSchStrO und CEVNI) vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung analysiert. Dabei wurden die Barrieren hinsichtlich der verschiedenen Automatisierungsgrade gemäß der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) berücksichtigt.

Um das bestehende Sicherheitsniveau in der Binnenschifffahrt zu erfassen und kritische Betriebsszenarien zu identifizieren, wurden projektrelevante Unfalldaten der Binnenschifffahrt analysiert und ausgewertet. Auch ausgewählte Unfalldaten anderer Verkehrsträger wurden im Rahmen von Analogiebetrachtungen analysiert und ausgewertet.

Darüber hinaus wurde als Rückfallebene bei Funktionsausfall die Übernahme eines automatisiert fahrenden Schiffes durch Schiffspersonal untersucht. Mit der Analyse von Probandenstudien am Simulator SANDRA II konnte ein neuer Ansatz zur Erfassung von Übernahmezeiten angewendet werden. Des Weiteren wurde die Funktionsdegradierung als Maßnahme zur Absicherung des automatisierten Betriebes untersucht.

 

Ausblick

In den nächsten Schritten werden zunächst bewährte Methoden für die Risikobewertung und den Nachweis funktionaler Sicherheit für die (teil-)automatisierte Schiffsführung in der Binnenschifffahrt in ihrer Eignung untersucht und adaptiert sowie neue Methoden formuliert und beispielhaft angewendet. Im Weiteren werden die Grundlagen für eine fehlertolerante Gestaltung des Gesamtsystems unter Einbeziehung von Automatisierungsfunktionen sowie eine vorausschauende automatisierte Bewertung des situativen Risikos geschaffen. Abschließend werden Standards und Vorschläge zur Anpassung und Weiterentwicklung von Vorschriften und Regularien in der automatisierten Binnenschifffahrt entwickelt.

 

Beteiligte Partner

  • DST – Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V. (Koordination)
  • RWTH Aachen: IRT – Institut für Regelungstechnik
  • Universität Duisburg-Essen:
    • ISMT – Institut für Schiffstechnik, Meerestechnik & Transportsysteme
    • IMECH – Lehrstuhl für Mechatronik
    • SRS – Lehrstuhl Steuerung, Regelung und Systemdynamik

Laufzeit: 11/2022 bis 01/2025

Förderprogramm: Förderrichtlinie zur Forschung und Entwicklung von Digitalen Testfeldern an Bundeswasserstraßen (DTW II)

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